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Das kannst du nicht ignorieren
Guten Morgen!
Gegen das Schweigen, gegen das Vergessen und gegen das Ignorieren. Dein Morgenmoment kommt heute von Tom Schaffer.
#1 Möchtest du das teilen?
16 Jahre lang kämpfte eine Frau dafür, dass die sexuelle Belästigung anerkannt wird, die sie in ihrer Kirche erlebt hat. "Mein Pfarrer hat gesagt, er versteht, dass andere Männer mich attraktiv finden. Dass er mich auch attraktiv fände. Und wenn ich mit ihm schlafe, dann würde es mir vielleicht besser gehen. Seine Hand lag dabei auf meinem Oberschenkel“, erzählt Sabine. Wir haben uns ihre Geschichte und die vielen Probleme, die damit zusammenhängen, angesehen.
Sabine wurde von ihrem evangelischen Pfarrer belästigt. Mit den Folgen kämpft sie alleine. — www.moment.at
Sexuelle Belästigung ist in der Evangelischen Kirche ein Tabuthema. Sabine wurde von ihrem Seelsorger belästigt und kämpft 16 Jahre lang um Anerkennung. Sie kritisiert fehlende Aufarbeitung.
#2 Zahl des Tages
Die Pandemie ist eine enorme psychische Belastung. Arbeitsplätze sind bedroht, zwischenmenschliche Beziehungen auf dem Prüfstand, liebe Menschen sind in Gefahr und die Kontakte zu ihnen zeitweise stark eingeschränkt. Corona verlangt unserer Gesellschaft viel ab - und ein Ende ist gerade jetzt inmitten der vierten Welle nicht in Sicht. Die Zahl der Menschen mit depressiven Symptome in Österreich hat sich 2020 deshalb im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Das zeigt ein Bericht der OECD. Jede fünfte Person im Land erlebte solche Phasen. Die psychotherapeutische Versorgung in Österreich ist - insbesondere was leistbaren Zugang betrifft - dafür nicht gerüstet. Das Angebot an kassenfinanzierten Plätzen müsste dringend erweitert werden. (Mehr zur Psychotherapie in Österreich und mögliche Angebote, falls du auch Unterstützung brauchst, findest du hier.)
#3 Hast du das gesehen?
Zum Jahrestag der Novemberpogrome haben Aktivist:innen zahlreiche Straßenzüge in Wien "umbenannt". Immer noch sind nämlich viele Straßen in Wien nach Menschen benannt, die sich mit besonderem Antisemitismus, Unterstützung des Nationalsozialismus oder anderen historischen, menschenfeindlichen Untaten hervorgetan haben. 28 davon halten Historiker:innen für besonders bedenklich. Wir haben zusammengeschrieben, welche das sind und warum.
#4 Ignoriert
Es wird Winter und ist längst wieder kalt. Die Situation von Menschen auf der Flucht an den europäischen Außengrenzen ist damit wieder umso misslicher. Das ist nicht naturgegeben, sondern eine Folge der harten Politik der EU und ihrer Mitgliedstaaten. An vielen Stellen wird Gewalt angewendet, um die Menschen an Grenzübertritten zu hindern. Drei Beispiele:
Der weißrussische Diktator Aleksandr Lukaschenko treibt über 10.000 Menschen an die polnische Grenze. Beobachter:innen meinen, er täte das, um sich an der Macht zu halten und ein Druckmittel gegen die EU aufzubauen. An der Grenze werden die Menschen bei zunehmender Kälte aber nicht durchgelassen und warten im Niemandsland auf ihr Schicksal. 17 Menschen aus Afghanistan, die kürzlich versucht haben, über die Grenze zu kommen, wurden gewaltsam zurückgetrieben, meldet Amnesty International.
Ähnliches hört man aus Griechenland. Auch dort treibt der autoritäre Präsident des türkischen Nachbarstaats Menschen an die Grenze um Druck auf die EU auszuüben. Die griechischen und europäischen Grenzschützer:innen gehen dort sogar so weit, dass sie Menschen, die es zu weit in griechisches Gebiet schaffen, auf offener See wieder in Schlauchbooten im Meer aussetzen.
Und auch an der Grenze zwischen Bosnien und Kroatien kam es jüngst zu Gewalt gegen Geflüchtete. Auch dort sitzen hunderte Menschen - vorrangig aus Afghanistan - in schlammigen Lagern auf einem Feld fest. Maskierte Uniformierte verprügelten einige von ihnen beim Versuch, nach Kroatien zu gelangen.
#5 Besser geht doch
Die US-Marine hat ein Schiff nach Harvey Milk benannt und damit einen historischen Fehler zumindest eingestanden. Der erste offen schwule Politiker der USA war einst trotz seines Einsatzes im Korea-Krieg aus der Navy geworfen worden, weil er sich zu seiner Homosexualität bekannte. Insgesamt betraf diese Diskriminierung über Jahrzehnte fast 100.000 US-Soldaten. Milk selbst stammte aus einer Familie an Seeleuten. Später wurde Harvey Milk für seinen Aktivismus für die LGBTIQ-Gemeinde ermordet.
Ich wünsch dir einen schönen Mittwoch!
Tom
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