Deutschland hat gewählt

Guten Morgen!

Deutschland hat gewählt. Zum Redaktionsschluss war noch nicht endgültig geklärt, wie der neue Bundestag aussieht. Gleichzeitig blicken manche schon vorfreudig auf den Ball der Bälle. Alles Wichtige schicken dir heute Angela Alexa und Tom Schaffer in diesem Morgenmoment

#1 Nachricht des Tages

Die politische Landschaft in Deutschland und der EU könnte sich mit dieser Wahl entscheidend verändern. Aber zumindest zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wissen wir noch nicht so genau, wie. (Hier findet ihr am Morgen die neuesten Ergebnisse.)

Die aktuellsten Hochrechnungen (von ARD bzw. ZDF) zu Redaktionsschluss waren um etwa 22:00:

CDU/CSU 28,5% (ARD) - 28,5% (ZDF)
AfD 20,6% - 20,5%
SPD 16,4% - 16,5%
Grüne 11,9% - 11,9%
Linke 8,6% - 8,7%
Bündnis SW 4,9% - 5%
FDP 4,5% - 4,5%
Andere 4,6% - 4,4%

Ob eine Koalition aus konservativer Union und SPD möglich ist, oder es etwa die Grünen für eine Mehrheit braucht, hängt davon ab, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht die 5-Prozent-Hürde knackt. Ist es draußen (wie in der ARD-Hochrechnung), genügen für eine Regierungsmehrheit die Abgeordneten aus Union und SPD. Kommt es rein (wie in der ZDF-Hochrechnung), dann braucht es noch eine Partei.

Alle Parteien der Ampel aus SPD, Grünen und FDP haben Stimmen verloren. Die Koalition aus den beiden Mitte-Links Parteien und der rechtsliberalen FDP brach Ende des vergangenen Jahres am Verhalten der FDP auseinander. Die SPD stürzte ab, die FDP flog krachend aus dem Bundestag. Der klare Rechtskurs der Neoliberalen in den vergangenen Jahren endet im Verderben. Die Grünen kamen mit einem vergleichsweise kleinen Minus davon.

Die Union blieb als Wahlsieger:in allerdings auch etwas unter den Erwartungen. Seit sie im Wahlkampf ein deutsches Tabu brach und mithilfe der mehrheitlich abgelehnten, rechtsextremen AfD versuchte, EU-rechtswidrige Beschlüsse im Bundestag zu fassen, sanken die Umfragewerte. Das Ergebnis fiel nun sogar noch etwas niedriger aus. Mit einem zuweilen gehässigen Wahlkampf gegen die Grünen hat die Union sich jetzt auch in eine potenziell schwierige Position bei der möglichen Mehrheitsfindung gebracht. BSW und Linke sind äußerst unwahrscheinliche Regierungspartner. Auch mit der AfD will man nicht koalieren.

Das grundsätzliche Problem ähnelt jenem in Österreich. Die großen Zugewinne der AfD erschweren eine Regierungsbildung unter den demokratischen Parteien. Diese müssen deshalb über Lagergrenzen hinweg um Kompromisse ringen, die den eigenen Wähler:innen jeweils schwierig zu verkaufen sind.

Ein überraschend gutes Ergebnis erreichte unterdessen die “Linke”. Die noch vor kurzem totgesagte Partei hat mit einem auf Sozial- und Wirtschaftspolitik konzentrierten Wahlkampf rund 9 % der Stimmen erreicht - und dabei vor allem unter den Jungwähler:innen gepunktet. Sie könnte nun sicherstellen, dass eine nächste Regierung sich auch mit linker Kritik auseinandersetzen muss.

Der Erfolg der Linken ist auch bemerkenswert, weil im deutschen Wahlkampf in den Medien die Themen dominierten, die rechte Parteien sich wünschen. Klimakrise, soziale Fragen und die europäische Sicherheitspolitik wurden weitgehend ignoriert.

Was wir am gestrigen Wahlabend sagen konnten, haben wir in unserer Liveshow schon gesagt. Zum Nachsehen geht es hier lang:

Die nächste Nachbesprechung der aktuellen Entwicklungen des Tages findest du Montag bis Donnerstag immer ab 18:00 hier bei MOMENT live. 

#2 Zahl der Woche

Diese Woche treffen sich die Reichen und Schönen wieder beim Ball der Bälle: Dem Wiener Opernball. Vor allem reich muss man tatsächlich sein.

Das könnte man sich für die Preise für Ticket, Loge und Co leisten:

Eine Bühnenloge zum Preis von 15.000 € entspricht 3.333 verlängerten Kaffees in einem durchschnittlichen Wiener Café (à 4,50 €) oder 7.500 McDonald's Cheeseburgern (à 1,99 €). Das ist außerdem das Jahreseinkommen einer Person, die Mindestsicherung bezieht und damit an der Armutsgrenze lebt (2025 durchschnittlich 1.209 € pro Monat für einen Einpersonenhaushalt in Wien).

Die Premium Bühnenloge kostet 19.000 €, was 1.700 Kinobesuchen (Karte durchschnittlich 10,90 €) oder 4.200 Packungen extra softem Klopapier (10er Packung, 4,49 €) entspricht. Dieser Betrag übersteigt das Jahreseinkommen von 1,3 Millionen Menschen in Österreich, die an der Armutsgefährdungsschwelle leben.

Eine Rangloge für 25.000 € entspricht etwa der Miete für eine 1-Zimmer-Wohnung in Wien für 2 Jahre (durchschnittlich 1.045,71 € pro Monat) oder 1.700 Mahlzeiten in einem günstigen Restaurant (durchschnittlich 15 € pro Mahlzeit).

Eine normale Eintrittskarte kostet 395 €, wovon 35 € an die Initiative "Österreich hilft Österreich" gehen. Dafür kann man ein Jahr lang in ganz Wien und seit der Einführung des Klimatickets auch in einigen anderen Bundesländern Öffis fahren.

#3 Besser geht doch

Verbote sind billig und effektiv, aber unpopulär. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Fiskalrats.

Österreich setzt bislang auf teure Maßnahmen, die weniger Emissionen sparen als Verbote. Seit 2019 umgesetzte Klimaschutzmaßnahmen kosten jährlich 4,9 Mrd. €, sagt der Fiskalrat. Teil davon sind das Klimaticket oder die Förderungen für den Heizkesseltausch. Bei fossilen Heizungen wäre ein verpflichtendes Aus - wie es ursprünglich von der Regierung geplant war - besser. Stattdessen gibt es Förderungen (für alle). Durch den Heizungstausch spart man allerdings so viel Energie, dass die Kosten über die Lebensdauer der neuen Heizkessel mehr als ausgeglichen werden. Es gibt also bereits einen finanziellen Anreiz. Viele bräuchten die Förderung nicht.

In der aktuell angespannten Budgetsituation wäre es wichtig, auf kostensparende Maßnahmen zu setzen, sagt der Fiskalrat. Dazu zählen eben vor allem regulatorische Instrumente wie eben Verbote, Beschränkungen und Gebote.

Das stimmt. Wir sollten dennoch nicht die Maßnahmen gegeneinander ausspielen. Denn wir sind auf keinem guten Weg, um unsere Klimaziele zu erreichen und müssen möglichst alles tun, um unsere Emissionen zu verringern. Sowohl das, was populär ist als auch das, was unpopulär ist.

Außerdem: Klimaschutzmaßnahmen bringen nicht nur dem Klima was. Auch andere umweltpolitische und gesellschaftspolitische Ziele spielen eine Rolle. Der Ausbau des Schienennetzes dient auch wirtschaftspolitischen Zielen. Das Klimaticket ermöglicht auch günstige Mobilität.

Einen guten Start in die Woche wünscht dir

Angela

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