Wein doch nicht

Guten Morgen!

Sie sagen: "Hey Moment, sagt doch mal was Positives". Wir antworten: "Kein Problem, da gibt es gar nicht so Weniges." Den Morgenmoment mit dem geklauten Eingangsstatement (*Auflösung ganz unten) hat heute Tom Schaffer für dich zusammengebaut.

#1 Möchtest du das teilen?

1874 wurde - zumindest in Deutschland - die Impfpflicht eingeführt. Damals gegen die Pocken. Beides gibt es nicht mehr: also weder die Impfpflicht, noch die Pocken. Und die Deutschen von 1874 sind auch alle tot. Die Gebrüder Moped schauen sich diese satirisch korrekte Wahrheit im Podcast des Jahres ganz genau an.

#2 In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Anfang November werden sich die Staatsleute der Welt in Glasgow zum jährlichen UN-Klimagipfel treffen. Der "COP 26" ist einer der letzten Gipfel, in dem die Welt noch auf einen Pfad lenken kann, der die Erderhitzung durch den menschengemachten Klimawandel auf unter 1,5°C beschränkt. Und vor allem, damit dieser Newsletter nicht nur positiv klingt, werden die Chancen dafür als mies eingeschätzt. Schon jetzt im Vorfeld bemühen sich die Veranstalter:innen in den Medien die Erwartungen an den Gipfel zurückzuschrauben. Die Verhandler:innen der Staaten scheinen bereits in den Vorbereitungen nicht zu den nötigen Verbesserungen in der Klimapolitik bereit, berichtet der Guardian.

Ein Verhandlungspunkt am Gipfel, der im Kampf gegen die Klimakrise besonders wichtig ist, ist ein möglichst schneller Ausstieg aus fossilen Energieträgern - besonders Kohle. Außerhalb von Europa sind noch viele ärmere Länder auf Kohle ausgerichtet. Aber auch in Europa wird der Ausstieg noch sehr unterschiedlich gehandhabt, wie unsere heutige Karte zeigt. Während Österreich im Jahr 2020 sein letztes Kraftwerk geschlossen hat, wird es in Deutschland nach dem aktuellen Ausstiegsplan noch bis 2038 dauern, die verbleibenden 42 Kraftwerke abzuschalten. Das wäre mit Klimaschutzzielen nicht zu vereinbaren.

Eine besonders absurde Meldung zum Thema Kohle ging gestern durch das Internet: Im US-Bundesstaat Pennsylvania kaufen Unternehmen mittlerweile Kohlekraftwerke, um damit Kryptowährungen zu betreiben. Weil die Kohleindustrie steuerlich begünstigt wird, werden quasi mit Steuergeld private Bitcoin-Gewinne finanziert, die unsere Welt zerstören. Gratuliere.

#3 Besser geht doch

Jetzt zu den versprochenen guten Nachrichten: Am Wochenende gab es neben den Wahlen in Deutschland, Oberösterreich und Graz noch viele weitere Volksentscheide in Europa. Einige davon brachten sehr erfreuliche Ergebnisse. So hat es die Schweiz als eines der letzten Länder Westeuropa geschafft, die Ehe für alle zu öffnen. 64% der Bevölkerung stimmten dafür, gleichgeschlechtlichen Paaren die Heirat zu erlauben.

Damit ist die Schweiz zwar fast drei Jahre später dran als Österreich, dafür hat es dort nicht erst die Höchstgerichte gebraucht, um den längst überfälligen Fortschritt zu schaffen. Die Entscheidung dafür wurde politisch erreicht. Fast überall in Westeuropa ist die Bevölkerungen schon seit vielen Jahren in Umfragen klar gegen die Diskriminierung von LGBTIQ-Menschen beim Heiraten. Konservative und rechte Parteien blockieren trotzdem meist, bis es nicht mehr anders geht.

In einer anderen Abstimmung blieb die Schweiz konservativ. Die 99%-Initiative, die eine stärkere Besteuerung der Kapitaleinkommen reicher Menschen und Entlastung von Arbeitseinkommen wollte, wurde abgelehnt.

#4 Besser geht wirklich

Eine weitere erfreuliche Entwicklung gibt es in Island. Bei der Parlamentswahl am Sonntag wurden dort 47,6% der Sitze an Frauen vergeben. Das ist ein Rekord für Europa. Auch, wenn es dann doch nicht ganz der anfangs erhoffte Meilenstein wurde. Denn nach der ersten Auszählung sah es noch so aus, als würden Frauen sogar erstmals in der Geschichte der Parlamente in Europa mehr als die Hälfte der Sitze füllen. Eine Neuauszählung verringerte die Zahl. Bisher lag der Rekord in Schweden - bei 47%. Österreich hinkt mit 40,4% hinterher - auch wenn das bereits der beste Wert unserer Geschichte ist.

#5 Und noch mehr leiwand

Und noch ein Wahlergebnis bringt eine erfreuliche Entwicklung. In Berlin hat über eine Million Menschen eine klare Mehrheit für eine neue Wohnpolitik geschaffen. Eine Handvoll riesiger Immobilienkonzerne soll laut dem Willen der Bevölkerung dort hunderttausende Wohnungen (mit einer Entschädigung) verlieren. Mit der Vergemeinschaftung sollen die explodierenden Mieten in den Griff gekriegt werden. Naturgemäß ein recht brisantes Unterfangen. Wir haben uns die Idee angesehen und was dieses Ergebnis nun bedeutet.

Die gleichzeitig stattfindende Wahl in Berlin hat übrigens wieder eine Rot-Grün-Rote-Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken in der Stadt gegeben. Allerdings in umgekehrter Reihenfolge als am selben Tag in Graz, wo die KPÖ bekanntermaßen Platz 1 erobert hat. Was das für die Stadt bedeutet, hat Barbara Hoheneder aus Graz für dich analysiert.

Ich wünsch dir einen schönen Tag!

Tom

#Bonus Track

* Falls du den Eingangssatz nicht erkannt hast. Hier hab ich ihn geklaut:

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