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Fern von Bargeld

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Die Sommerzeit ist auch eine Gelegenheit, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ein wenig längerfristig wirken. Deshalb holen wir in den kommenden Wochen gelegentlich einen zeitlos spannenden Text aus unserem Archiv, den viele unserer neueren Newsletter-Abonnent:innen vielleicht noch gar nicht kennen können. Wie dieses Interview mit Historiker:in und Philosoph:in Émile Torres.
Torres beschäftigt sich mit dem Longtermismus - hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich eine Ideologie, die sich unter einflussreichen und reichen Menschen (bis hin zu Elon Musk) besonders stark verbreitet. Warum sie oberflächlich gut klingt, aber im Kern sehr gefährlich ist.
#2 Die Zahlen des Tages
Am Land wird der einfache Zugang zu Bargeld zum wachsenden Problem. In 328 der 2092 österreichischen Gemeinden gibt es weder Bankomat noch Filiale, in 14 weiteren nur eine Filiale ohne Automaten. Über 330.000 Menschen haben damit keinen direkten Zugang zu Bargeld in ihrer Heimatgemeinde.
Besonders betroffen sind Niederösterreich, Oberösterreich, die Steiermark und das Burgenland. Viele Menschen müssen dort mehr als fünf oder sogar zehn Kilometer zum nächsten Bankomaten zurücklegen – ein großes Problem für Ältere und Menschen ohne Auto. Auch die lokale Wirtschaft leidet, weil Einkäufe in Nachbarorte verlagert werden.
Banken rechtfertigen den Abbau mit hohen Betriebskosten und Digitalisierung. Gleichzeitig sind die Gebühren für Kontoführung und Bargeldbehebung seit 2021 um durchschnittlich über 23 % gestiegen. Kund:innen zahlen also mehr – und bekommen weniger Service.
Dabei schreiben Banken weiter hohe Gewinne: 2024 lag der Gewinn der österreichischen Banken bei 11,5 Milliarden Euro – das dritthöchste Ergebnis der letzten zehn Jahre. Ein paar zusätzliche Bankomaten wären sich also ausgegangen.
Um Versorgungslücken zu verhindern, gilt ein Moratorium: Bis Ende 2029 dürfen bestehende Bankomaten grundsätzlich nicht abgebaut werden. Neue Geräte werden gezielt in Gemeinden ohne Bargeldversorgung installiert. Die Umsetzung wird von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und dem Gemeindebund überwacht, damit Bargeld für alle verfügbar bleibt.
#3 In was für einer Welt leben wir eigentlich?
Eine neue Oxfam-Studie zeigt, wie groß die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit auch auf dem afrikanischen Kontinent ist: Die vier reichsten Afrikaner besitzen zusammen so viel wie rund 750 Millionen Menschen. Gleichzeitig verdeutlicht die Studie, dass Männer im Schnitt dreimal so viel Vermögen haben wie Frauen – das größte geschlechtsspezifische Gefälle weltweit.
Diese Ungleichheiten sind das Ergebnis komplexer historischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren. Einige afrikanische Länder wie Marokko und Südafrika zeigen bereits, dass gezielte Besteuerung von Vermögen ein Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit sein kann. Laut Oxfam könnten so jährlich bis zu 66 Milliarden US-Dollar für die Grundversorgung aller Menschen auf dem Kontinent mobilisiert werden. Die Studie versteht sich als Impuls für eine gerechtere Zukunft – getragen von afrikanischen Initiativen und internationaler Zusammenarbeit.
#4 Gedenktag
Heute sollte Europa innehalten. Der Genozid von Srebrenica vor 30 Jahren im Juli 1995 steht als Symbol für die systematische Vernichtung der bosniakischen Bevölkerung durch die Armee der sogenannten „Republika Srpska“. Innerhalb weniger Tage wurden mindestens 8.372 Bosniak:innen ermordet. Bis heute gelten über 1.000 Opfer von Srebrenica als vermisst.
Die Gesamtzahl der im serbischen Angriffskrieg auf Bosnien (1992-1996) Getöteten liegt deutlich höher: Schätzungen sprechen von über 100.000 Opfern, überwiegend aus der muslimischen Bevölkerung. Über zwei Millionen Menschen wurden vertrieben, Zehntausende gelten weiterhin als vermisst. Der Genozid war Ausdruck eines rassistisch motivierten Hasses, der zu unfassbarem Leid und Zerstörung führte. Während die internationale Gemeinschaft tatenlos blieb, wurden Familien auseinandergerissen und ganze Generationen ausgelöscht.
Die gesellschaftliche Aufarbeitung scheitert an anhaltender Leugnung, Verharmlosung und fehlender Verantwortung. Erst vor einem Jahr erklärte die UN den 11. Juli offiziell zum Gedenktag für den Genozid von Srebrenica – ein spätes Eingeständnis, das die Schwierigkeiten Europas im Umgang mit seiner Verantwortung offenlegt.
Mit Respekt und Solidarität für alle Überlebenden und Angehörigen,
Anđela Alexa
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