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Systemwechsel NOW?

Guten Morgen!
Immer mehr Menschen wünschen sich einen Systemwechsel – warum das so ist und welche aktuellen Entwicklungen diesen Wunsch untermauern, erfährst du im heutigen Morgenmoment von Christiane Kaiser.
#1 Möchtest du das teilen?
Immer mehr Menschen stellen das System infrage. Das wird oft als Ergebnis der Stärke der Rechtsextremen gedeutet. Das sei verkehrt gedacht, findet Natascha Strobl.
#2 In was für einem Land leben wir eigentlich?
Der Kollektivvertrag im Handel für das kommende Jahr steht fest. In der dritten Verhandlungsrunde haben sich die Sozialpartner auf eine Lohnanpassung von 2,55 Prozent geeinigt - also unterhalb der durchschnittlichen Teuerung von drei Prozent (Im Oktober liegt sie laut Statistik Austria bei 4,0 Prozent). Die Kaufkraft der Löhne sinkt also.
Dabei ist die Arbeit im Handel schon jetzt nicht besonders gut bezahlt. Beschäftigte haben im Schnitt rund zwölf Prozent weniger Einkommen als der Durchschnitt aller Arbeitnehmer:innen. Besonders stark betroffen sind auch innerhalb des Handels Branchen mit hohem Frauenanteil – dort liegen die Löhne deutlich niedriger. Frauen trifft der KV-Abschluss unter der Inflation also besonders hart.

Besonders alarmierend: Jede vierte Person im Handel verdient laut aktuellen Berechnungen des Momentum Instituts weniger als 1.661 Euro netto im Monat und liegt damit unter der Armutsgefährdungsschwelle. Der Großteil dieser Menschen (81 Prozent) arbeitet in Teilzeit. Häufig ist das keine freiwillige Entscheidung: Ein Viertel aller ausgeschriebenen Stellen im Handel wird nur in Teilzeit angeboten, und vielerorts fehlen Kinderbetreuungsplätze, die mit einem Vollzeitjob vereinbar wären.
#3 Der Reihe nach
Armut ist in österreichischen Medien stark unterrepräsentiert und wird verzerrt dargestellt. Das zeigt eine neue Studie des Marktforschungsinstituts Media Affairs, die insgesamt 1.600 Beiträge aus 2024 in den Medien Kronen Zeitung, Kleine Zeitung, Standard, Presse, Österreich und Heute analysiert hat.
Den Großteil der Berichterstattung machen polarisierende und emotionalisierende Beiträge aus. Boulevardmedien berichten besonders häufig auf diese Art und Weise, während Qualitätsmedien eher eine strukturelle Perspektive einnehmen. In nur acht Prozent der Gesamtberichterstattung kamen Armutsbetroffene selbst zu Wort, in den anderen 92 Prozent wurde über sie gesprochen.
Am meisten berichtet wurde im Kontext von Armut über Sozialhilfe. Vor allem im Boulevard dominierten Einzelfälle von Menschen mit Migrationsbiografie, die scheinbar hohe Summen an Sozialleistungen erhalten. Die Studienautor:innen verweisen darauf, dass eine derartige Berichterstattung nicht repräsentativ sei und ein negatives Stimmungsbild gegenüber der Personengruppe verbreite. Dieses Ausschlachten von Einzelfällen befeuere Pauschalverurteilungen und Neiddebatten.
Das zweitgrößte Thema ist „Charity“. Vor allem in der Weihnachtszeit wird im Boulevard häufig über Spendensammelaktionen für Armutsbetroffene und weitere derartige Events berichtet. Die Studienautor:innen sehen dies ebenfalls kritisch: Derartige Berichterstattung schaffe mindestens so große Aufmerksamkeit für „Wohltäter:innen“ wie für Betroffene selbst. Auch Medien würden die Berichterstattung nutzen, um sich als „die Guten“ zu inszenieren.
Sehr präsent ist auch das Thema Wohnungslosigkeit. Über extreme Fälle von Armut wird häufiger berichtet. Strukturelle Hintergründe und weniger extreme, aber häufige Armutsformen kommen seltener vor. Das betrifft etwa chronische kranke Personen, ältere Personen oder Menschen, die trotz Arbeit zu wenig verdienen. Auch die Verbindung von Armut zu anderen Themen wie Gesundheit, Klimakrise oder Digitalisierung ist selten.
Die österreichische Berichterstattung muss also verantwortungsvoller und besser werden. Dafür gibt es Leitfäden, wie jenen der Armutskonferenz: sensible Sprache, Sachlichkeit statt Polemik, strukturelle Hintergründe statt Einzelfallberichterstattung, diverse Formen von Armut darstellen statt Extrembeispiele und mit Betroffenen selbst sprechen sind zentrale Punkte.
#4 MOMENT Live
In unserer täglichen Live-Show (Montag bis Donnerstag,18 Uhr) ging es diesmal um Männergewalt.
Du kannst die Videos immer auch hier auf Youtube nachsehen.
Einen schönen Mittwoch
Christiane
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