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Von unbesteuerten Reichen und Wirtschaftslobbyisten

Ein grünes Morgenmoment-Banner mit schemenhaften Windrädern im Hintergrund

Guten Morgen!

Der fünftreichste Österreicher Helmut Sohmen ist gestorben. Wie viel Erbschaftssteuer fällig wäre, wenn es eine gäbe, hat das Momentum Institut berechnet. Mehr dazu, was aus den Aktivist:innen der Letzten Generation geworden ist und wer Österreichs EU-Abgeordnete lobbyiert, liest du im Morgenmoment von Christiane Kaiser.

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Auch wenn die Letzte Generation im Sommer 2024 aufgab, tragen die ehemaligen Mitglieder bis heute die Folgen ihres Aktivismus für unseren Lebensraum. Afra Porsche und Anja Windl aus dem damaligen Kernteam der Gruppe erzählen von ihrem Leben nach den großen Straßenblockaden.

#2 In was für einer Lobby leben wir eigentlich?

Der Lobbying-Report 2025 von Global 2000 zeigt: Fast die Hälfte aller Treffen österreichischer EU-Abgeordneter findet mit Vertreter:innen aus der Wirtschaft statt. Das sind doppelt so viele Treffen wie mit Zivilgesellschaft und Arbeitnehmer:innen zusammen. Insgesamt wurden 1.338 Treffen ausgewertet, und die bevorzugten Gesprächspartner:innen unterscheiden sich deutlich zwischen den Parteien.

Bei der ÖVP dominieren Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und ÖAMTC. Die SPÖ trifft vor allem Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und ÖGB. Die Grünen setzten auf Vertreter:innen der Zivilgesellschaft. Die NEOS stehen im engen Austausch mit dem Energienetzbetreiber-Verband, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Und die FPÖ pflegt laut Einordnung von Global 2000 Kontakte zu „Klima- und Wissenschaftsleugner:innen, Impfgegner:innen und Personen mit Kontakten zu Holocaustleugner:innen“

Treffen mit Betroffenen und Expert:innen sind grundsätzlich wichtig, doch laut Global 2000-Sprecher Johannes Wahlmüller gibt es eine klare „Wirtschafts-Schlagseite“. Unternehmen und Industrie investieren über 340 Millionen Euro pro Jahr in EU-Lobbying. „Aktuell scheint es, als könnten Wirtschaft und Konzerne ihre Anliegen oft ohne Widerspruch direkt an Mandatar:innen pitchen“, so Wahlmüller.

Diese Schieflage hat politische Folgen. Wer sich mit wem trifft, spiegelt sich im Abstimmungsverhalten wider. So stimmten etwa alle Parteien außer den Grünen für die Aufschiebung der Entwaldungsverordnung und für lockerere CO₂-Vorschriften in der Autoindustrie. Global 2000 fordert daher, Zivilgesellschaft und Arbeitnehmer:innen stärker einzubinden.

Auch bei der Transparenz gibt es große Unterschiede. Während die Grünen im Schnitt 149 Treffen pro Mandatar:in offenlegen und zu 99 Prozent angeben, worüber gesprochen wurde, melden FPÖ-Abgeordnete im Durchschnitt nur acht Treffen. Bei den NEOS sind Gesprächsthemen nur in 38 Prozent der Fälle dokumentiert.

In der EU gilt eine Offenlegungspflicht für Lobbykontakte, in Österreich hingegen fehlt eine solche Transparenzregelung bislang völlig.

#3 Zahl des Tages

Der fünftreichste Österreicher Helmut Sohmen ist tot und noch immer gibt es in Österreich keine Erbschaftssteuer. Sohmen gehörte zu den reichsten Menschen des Landes, sein Vermögen wurde auf 5,9 Milliarden Euro geschätzt.
Er belegte Platz 734 auf der Liste der weltweit wohlhabendsten Personen.

Über fast drei Jahrzehnte leitete Sohmen das Schifffahrtsunternehmen BW Group, das ursprünglich von seinem Schwiegervater gegründet und nach dessen Tod an ihn vererbt wurde. 2014 übergab Sohmen die Leitung schließlich an seinen Sohn
Andreas Sohmen-Pao.

Während in 20 von 27 EU-Staaten eine Erbschaftssteuer existiert, verzichtet Österreich seit 2008 vollständig darauf. Dabei würde eine moderate Erbschafts- und Schenkungssteuer im Schnitt rund 1,4 Milliarden Euro jährlich einbringen. Die größten Vermögen - wie das Erbe der Sohmen-Nachkommen oder unlängst bei Mark Mateschitz - könnten dieses Aufkommen sogar deutlich erhöhen.

Das Momentum Institut hat berechnet, wie viel Geld im Fall der Familie Sohmen bei einer entsprechenden Regelung in die öffentlichen Finanzen fließen würde. Je nach Modell wären das zwischen 352 Millionen Euro (deutsches Modell) und 1,5 Milliarden Euro (25% auf alles über einer Million).

Einen schönen Dienstag,

Chrisi

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